Was für ein Streß?!
Ihr fragt euch, wo ich gewesen bin – Hallo?!
Entschleunigung – wie bitte?!

Mitnichten – das exakte Gegenteil ist der Fall.

Ich sage euch eins: Wer jetzt entschleunigen kann, in dieser Zeit, der ist entweder seiner biologischen Aufgabe nicht nachgekommen oder steckt den Nachwuchs einfach vor das nächste Multimedia-Portal und setzt sich ins Auto und fährt durch die Gegend.
Das ist wirklich entschleunigt.

Früher dachte ich, ich hätte den größten Streß bei der Fahrt zur oder von der Arbeit nach Hause. Was würde ich heute um diese 2*40min geben?
Obwohl nein, ich bin sehr glücklich und zufrieden mit meiner HomeOffice Situation. Ich sehe gar nicht, warum ich jeden Tag ins Büro gondeln sollte.

Und zudem klappen ja auch ganz viele Meetings plötzlich auf diese Art und Weise. Wer hätte das geglaubt…
Wie viele Fahrten nach Hamburg, Hannover, Köln, Berlin, Espelkamp hätte ich mir sparen können…einfach, zack, den Rechner an, Headset auf und losgeplappert. Geht. Läuft.

Mit unseren Auszubildenden mache ich beispielsweise gerade nahezu täglich Remote-Mob-Programming. Soll heißen, wir alle arbeiten an dem gleichen Problem und lösen es gemeinsam – durch Screen-Keyboard-Mouse-kluge-Ratschläge-Sharing.
Und den jungen Leuten gefällt das. Die sind richtig heiß drauf.
Ich habe mir extra eine Ostereier-suchen-Kata einfallen lassen.

Und ich muß ja mal ehrlich zugeben, ich war ja vorher auch nicht der große Haudegen und jeden Abend in eine Kneipe und Leute angequatscht oder Essen gegangen.
Ich habe es mir (und hoffentlich auch meiner Frau) gerne Zuhause gemütlich gemacht oder Zeit mit den Kindern verbracht.

Ich will jetzt das Wort „Quality Time“ hören. Meine Söhne sind ja auch keine Human Resources und meine Lebenszeit ist ja nicht budgetiert.
Obwohl das ist sie doch, aber ich weiß nicht, wie hoch. Das ist das Beruhigende.
Wir nennen das agil in unserer Firma.

Wenn der PO, also in diesem Fall der Super-CEO, also der GOTT meint, dass es jetzt reicht, dann ist der Sprint zu Ende.
Ok, nicht ganz Scrum-like, aber ich hoffe, ich bekomme im anschließenden Review nicht zu viel Negatives zu hören. Und ich hoffe auch, es gibt noch eine Retrospektive.

Sollte ich in meiner letzten Retrospektive gefragt werden, also gleich zu Beginn – es gibt ja meist 5 Stages in der Retro – und im ersten Schritt leitet man ja die Retro ein.
Also, wenn es soweit ist, möchte ich nicht – wie ein Kollege das gerne hielt – einen abgeflachten Witz hören – nein, dann möchte ich gerne:
Weather Forecast.
Ein großes Flipchart, auf dem ich eintragen kann, wie meine bisherige Stimmung im Projekt war.

Ich würde Sonne ankreuzen. Glasklare, scheinende Sonne.
Ja, zugegeben, die gleiche Sonne, die aus meinem Hintern scheint.
Ich bin ein Sonntagskind – ein Glückspilz – ein Watzlawicksches Paradoxon.

Ich brauche KEINE Anleitung zum Glücklichsein. Ich bin wie die Murmel in der Schüssel und das Glück liegt am Boden. Manchmal werde ich aus dem Gleichgewicht gebracht, aber am Ende nach einigen Runden liege ich wieder ganz unten.
Naja, also unten ist in diesem Fall oben…ähm…ja, ein bisschen kompliziert.

Ja, ja, ich weiß schon – die Klugscheißer unter euch kommen mir jetzt mit Komfortzone verlassen, mal über den Schüsselrand gucken und so einem Mist.
Aber wer weiß, wo die Murmel herkommt, in welchen Gefäß die schon lag.
Kennt ihr den Boden einer guten Weinflasche? Da gibt es keine Mitte, zu der man sich finden kann.

Alkohol ist auch keine Lösung, war aber auch nie mein Problem. Gott, sei Dank – sind wir wieder beim PO.
PO steht übrigens für Product Owner, wem das nix sagt.

Eigentlich ist der ja für die Wertmaximierung des Produkts verantwortlich, also mein Leben.
Das ist ihm m.E. ganz gut gelungen…ok, der aktuelle Sprint ist …sagen wir mal …interessant.
Oder stellt uns vor Herausforderungen, aber ich muss ehrlicherweise gestehen, mir gefällts.

Also natürlich nicht die Tatsache, dass schon so viele Menschen erkrankt oder gestorben sind, aber dass ich bewusst mit meiner Familie so ganz intensiv viel Zeit verbringen kann.
Und es ist immer noch nicht alles im Haus in Ordnung gebracht oder repariert. Da ist immer noch was zu tun.

Aber momentan liegt die Murmel am Boden der Schüssel, also genauer gesagt gleich auf dem Sofa.
Dann werde ich mit meiner …jetzt hätte ich fast besseren Hälfte gesprochen, aber das ist natürlich Blödsinn – Frau die neuesten Folgen zu Haus des Geldes gucken.

Und morgen…Morgen greife ich wieder mit den Azubis an, denn denen gehört die Zukunft.
Und ich kümmere mich drum, dass unsere Schüler der Waldorfschule eine digitale Plattform kriegen und damit herumexperimentieren können, denn denen gehört die Zukunft.
Und ich werde vielleicht mal lernen zu nähen, also so richtig mit der Maschine, weil das konnte ich noch nie. Vielleicht wird ja was draus.

Wir haben in Bremen 425 Infizierte im Moment und nicht, wie ich noch vor über 20 Tagen errechnet habe, über 5.000 (!).
Die Zuwachsrate liegt bei 1,06.
Das entspricht einer Verdopplungszahl von 12 Tagen.

1,06 * 1,06 * ... * 1,06 = 1,06^12 = 2,01... 

Davor lag sie bei knapp 3.

1,25 * 1,25 * 1,25 = 1,953...

Die Massnahmen greifen also und deshalb sehe ich keinen Grund, sie die nächsten Tage abzuschaffen, dafür sind es aktuell noch zu viele Infizierte, die man nicht lokalisieren oder in richtige Quarantäne schicken kann.

Ich entschuldige mich schon jetzt, wenn ich nicht morgen wieder zum Schreiben komme, aber irgendjemand hebt einmal am Tag die Schüssel an und dann dreht sich auch mein Karussell, aber ich weiß ja, am Ende des Tages bin ich wieder am Sofa…äh…Boden…naja, ihr wisst schon.

Bleibt gesund

COVID-19 (TAG 26)

Ein Kommentar zu „COVID-19 (TAG 26)

  • 8. April 2020 um 23:36
    Permalink

    Okay jetzt bin ich auch scharf auf die Ostereier such Kata und ich freue mich endlich etwas Neues zu lesen. Genial wie immer bisher????????

    Antworten

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